Kleine rote Punks

von 14 bruno


Ich bin durch Pro REGENWALD vermittelt losgezogen um die Welt zu retten. Mittlerweile bin ich, nach etlichen Strapazen bezüglich meines Visums und Fluges, tatsächlich in Costa Rica angekommen. Zusammen mit drei anderen Freiwilligen (Sarah, Marit und Lubi) bin ich seit dem 06. September im Lande. Nachdem wir uns in San José zwei Tage lang an Klima, verkehrsuntaugliche Taxifahrer, 8 Stunden Zeitumstellung, einen Haufen Obst und Gallo Pinto gewöhnen durften, brachen wir zu Bus auf nach Orotina.


Dort wurden wir drei von Fania, die seit einem halben Jahr als Freiwillige auf einer Station der Organisation Abofilia arbeitet abgeholt. Ich bin jetzt auch stolzer Besitzer eines neu gekauften, costaricanischen Paars Gummistiefel, in denen hier jeder rumläuft. Einmal, da hier ab Mittag stets ein Dauerregen einsetzt, der alles verschlammt, und einmal wegen der Schlangen, die solches Wetter ziemlich gern haben, weshalb man mit ihnen hier immer und überall rechnen sollte. Voll schön oder verdammt nervig – das bleibt jedem selbst überlassen.


Die Station liegt, gefühlte 5 Stunden über holprige Wege, mitten im Regenwald.


Heute ist der 20. September und erst beim Schreiben fällt mir auf, dass unsere bisherige Zeit hier wahnsinnig schnell vorbei ging. Eine wunderbare erste Nacht in der offenen Station, ein kleiner Rundgang über das Gelände, eine Einführung in die Regenwald-Verhaltensregeln, Ankunft der anderen und letztlich der restlichen Freiwilligen, Tage des Buddelns, Tage des Internets und Tage der Ernte.


In den ersten Tagen im Korridor, nach Rundgang, Einweisung und ordentlichen Erläuterungen aller Vorsichts- und Verhaltensregeln, sind wir vier Neuankömmlinge zur Mamonchinobaum-Etikettierung aufgebrochen. Auf dem Gelände werden neben Kakao viele andere Fruchtbäume angebaut. Alle zusammen bilden ein großes, in sich vernetztes Agroforstsystem, bei dem jede Pflanze ihre eigene Aufgabe hat und ihren Teil an Ertrag abgibt. Der Mamonchinobaum, beispielsweise, hat die Aufgabe den recht niedrig wachsenden Kakaopflanzen, durch seinen hohen und ausladenden Wuchs, Schatten zu spenden. Ursprünglich kommt diese Frucht aus dem Asiatischen Raum, wurde nach Mittelamerika verschleppt und gedeiht dort seit nicht allzu langer Zeit sehr gut.
In San José kann man sich die kleinen, roten, Litschiähnlichen Früchte an jeder Straßenecke und auch dazwischen für so gut wie kein Geld ergattern.


Jedenfalls sind wir vier unter der Anleitung Fanias, Martins und Rambos (der Stationshund) los, um die Bäume zu kennzeichnen, welche gute Früchte tragen. Gut heißt: dulce y grande. Groß und süß müssen sie also sein um geerntet, verkauft, zu Veredlungszwecken oder zum selber essen hergenommen werden zu können. Um das festzustellen muss man die Früchte probieren, Süßegrad und Größe an einem Blech kennzeichnen. Und es muss die Farbe der Früchte bestimmt werden. Letzteres ist eher nicht so schwer. Eigentlich gibt es nur zwei Farben, die da wären Rot und Gelb. Und dann noch Punks, die sind Rot und Gelb gleichzeitig.



Die schwerere Aufgabe besteht darin den Süßegrad der Frucht zu bestimmen. Anfangs ist das ein ziemlich genüssliches Unterfangen. Süß - ein wenig sauer - ganz sauer. Groß - Klein. Rot - Gelb - Punk. Spätestens aber nach vier Stunden rumprobieren, nochmal testen und sowieso den Bauch vollschlagen sind jedoch alle Geschmacksnerven dermaßen geschädigt und der Bauch um ein vielfaches aufgegangen, dass der letzte Baum nach jeder Ecke erhofft wird und zum Testen die Frucht nicht einmal mehr heruntergeschluckt wird.


Irgendwann hatten wir dann aber auch den allerletzten Baum hinter uns gebracht und konnten nach Hause gehen. Für Mamonchinos hatten wir allerdings die kommenden Tage genug. Anscheinend soll die Frucht einen Stoff enthalten, der den Konsumenten zu einem hilflosen Mamonchino-Abhängigen macht, dem man nur helfen kann, indem man alle Früchte im Umkreis entfernt.


Wir haben mittlerweile unsere Abstinenz ganz gut verkraftet und pflücken uns die Früchte wieder von den Bäumen. Es gibt halt auch überall welche!

BlogNo:

Noch kein Feedback


Formular wird geladen...